Initiative gegen Neonazis als gutes Beispiel

– Akteure aus Lage nehmen an Tagung in Weimar teil-

Die Lagenser Initiative gegen Neonazis der Road Crew OWL folgte einer Einladung von »Filmfaktum« und Filmemacher Peter Ohlendorf (»Blut muss fließen«). In Weimar fand vom 13. bis 15. Oktober ein bundesweites Vernetzungstreffen von verschiedenen Bündnissen und Initiativen statt, die sich gegen Neonazis und Rassismus, für ein demokratisches Miteinander einsetzen. Die Initiative war eingeladen, einen 90-minütigen Vortrag über ihre Arbeit in Lage-Ehlenbruch zu halten. Sie wurde von Ohlendorf als ein positives Beispiel für erfolgreiches Engagement gegen extrem rechte Strukturen, vorgestellt.

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Filmemacher Peter Ohlendorf mit Initiativen Mitglied Stefan Haseloh nach dem Vortrag über die Road Crew OWL.

Etwa fünfzig Personen aus neun Bundesländern, vorwiegend aus dem ländlichen Raum, versammelten sich, um sich über ihre Arbeit auszutauschen und zu vernetzen. Daraus folgte eine Entwicklung von Perspektiven zur gemeinsamen Arbeit für eine offene und tolerante Gesellschaft, sowie gegen den aktuellen Rechtsruck. Vor Ort waren an diesem Wochenende unter anderem Initiativen, Bündnisse, Vertreterinnen von Beratungsstellen, Parteimitglieder, Journalisten und Personen aus antifaschistischen Zusammenhängen. Diese vielschichtige Zusammensetzung begünstigte einen gegenseitigen Wissens- und Ressourcenaustausch.

Initiative aus Lage stellt Gegenstrategien vor

In ihrem Vortrag erläuterten Mitglieder der Initiative, darunter Stefan Haseloh, Möglichkeiten des zivilgesellschaftlichen Engagements gegen Neonazi-Immobilien und Gruppierungen, sowie auch die erfolgreiche Zusammenarbeit in einer Bürgerinitiative. Nach einer kurzen Einleitung des Veranstalters Peter Ohlendorf stellte die Initiative zuerst die Road Crew vor, insbesondere ihre Verstrickung in verschiedene extrem rechte Zusammenhänge und die Gefahr die sie und ähnliche neonazistische Gruppen vor Ort, aber auch für die Gesellschaft im Allgemeinen darstellen. Anschließend lieferten die Initiativen-Mitglieder einen Input, in dem sie verschiedene Strategien und Ansatzpunkte für die Offenlegung und Bekämpfung einer Neonazi-Immobilie vorstellten. Lückenlose Öffentlichkeitsarbeit, enge Kontakte zu Anwohnern und eine Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit von Neonazi-Veranstaltungen sind nur einige Beispiele.

Die »Initiative gegen Neonazis der Road Crew OWL«, gründete sich nach dem Kauf des alten Bahnhofsgebäudes in Lage-Ehlenbruch durch die »Road Crew OWL«, eine lokale Gruppe von Neonazis. Diese sind verschiedenen Spektren wie zum Beispiel der Rechtsrock-, Rocker-, Hooligan- oder Türsteherszene zuzuordnen, besitzen aber auch Kontakte in die Parteien der extremen Rechten. Nicht ganz ein Jahr nach der Gründung der Bürgeriniative gegen die Neonazis gaben diese ihre Immobilie aufgrund des öffentlichen Drucks auf. Die Initiative ist ein Zusammenschluss von Bürgern aus der Region und Anwohnern des ehemaligen Nazi-Treffpunkts.

Für den Vortrag erntete die Initiative gegen Neonazis der Road Crew OWL in Weimar Applaus und positive Rückmeldungen: »Wir konnten viele neue Impulse und Tipps aus dem Vortrag gewinnen, denn auch bei uns in der Gegend etabliert sich gerade ein Nazi-Haus«, lobte eine Teilnehmerin aus Sachsen.

Nicht nur »dagegen«, sondern auch »für etwas«

In einem Vortrag von Soziologe Helge Meves aus Königs Wusterhausen wurden die Ergebnisse der Bundestagswahl, insbesondere im Hinblick auf die AfD genauer beleuchtet. In der anschließenden Diskussion ging es darum, Gegenstrategien gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck zu entwickeln und nach Möglichkeiten zu suchen, Rechtspopulisten wie der AfD die Bühne zu nehmen.

In einem Podiumsgespräch berichteten Akteurinnen und Akteure verschiedener Bündnisse und Initiativen aus Süddeutschland über ihr politisches Engagement. Dabei kamen viele Gemeinsamkeiten, aber auch regionale Unterschiede in Gesellschaft, rechten Strukturen und Kooperationsbereitschaft von Parteien oder öffentlichen Stellen zutage.

Einen weiteren Input lieferte der Journalist Stephan Fischer der sozialistischen Tageszeitung »neues deutschland«. Er analysierte den Aufstieg der AfD aus journalistischer Perspektive und übte Kritik an der fehlenden Selbstreflektierung der Medienwelt – beispielsweise in Bezug auf Meinung suggerierende Formulierungen wie »Flüchtlingsflut«. Er übte auch Kritik an der aufgebauschten Berichterstattung über die AfD.

Bildungspolitische Strategien zur Bekämpfung von rechten Tendenzen stellte die Antifaschistische Bildungsinitiative e.V. aus Friedberg (Hessen) vor. Man müsse Jugendlichen Freiräume und Projekte zum politischen Engagement einrichten, um die sogenannte »Politikverdrossenheit der Jugend« zu überwinden. Diese Strategie würde von der Politik und Behörden nicht genug aufgegriffen.

Zum Abschluss wurden die Rechtsrock-Konzerte, die diesen Sommer im thüringischen Themar stattfanden noch einmal aufgegriffen. Zu dem Konzert reisten auch Neonazis der Road Crew OWL an. In einem Vortrag wurde dargestellt, was passieren kann, wenn nicht früh genug Gegenstrategien gegen rassistische und neonazistische Umtriebe geschaffen werden.

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Gedenkstätte Buchenwald

Auch in der abschließenden Führung durch die KZ-Gedenkstätte Buchenwald zeigte sich, dass Neonazis auch an solchen Orten immer mehr Selbstbewusstsein gewinnen – sie missbrauchen Orte wie die Gedenkstätte für ihre Zwecke, zum Beispiel mit Fotos, Schmierereien und Provokationen, berichtete ein Museumsmitarbeiter. Daher sei es aktuell umso wichtiger, Neonazis und rechten Strömungen keine Räume zu lassen. Dafür setzt sich auch die Initiative gegen Neonazis der Road Crew OWL weiterhin ein: Sie beobachtet weiter, was um die Road Crew herum passiert und ist bereit zu handeln, damit nicht nochmal eine Neonazi-Immobilie in Lage oder der Umgebung entstehen kann.

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